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PATCHWORK

PATCHWORK

PATCHWORK – meine Geschichte und Wissenswertes

 

Bitte erzählen Sie etwas über eure /ihre Patchworkfamilie, wie es dazu kam und wer alles dabei ist und wie das Verhältnis zu den Expartner ist, wer wo wie oft wohnt etc – alles was man wissen muss 

 

Als ich mich von Robert, dem Vater meines ältesten Sohnes Lukas,  getrennt hatte, war ich 28, und mein Sohn zwei Jahre alt. Wir waren insgesamt drei Jahre zusammen – unser Sohn ist „passiert“ und war dann auch der Grund, warum wir überhaupt zusammengeblieben und zusammengezogen sind. Der Trennungsauslöser, wenn auch nicht der Trennungsgrund, war Stefan. Von Anfang an gelang es Robert und mir die Betreuung unseres Sohnes gut zu gestalten – natürlich gab es den einen oder andern Konflikt. Auch unsere ungelösten Probleme suchten sich eine Bühne. Oft war das die Bühne „Geld“. 

 

Robert war eine gute Beziehung zu seinem Sohn immer sehr wichtig und diese hielt er auch aufrecht, obwohl sich die Betreuung nach ca einem Jahr auf die damals übliche 14-Tage-Wochenende-Regelung einpendelte. Von 50-50 war damals keine Rede. Obwohl ich mit Stefan damals in Beziehung war, lebte ich alleine und war Alleinerziehende. Ebenso Lukas´ Vater. Auch er hatte relativ rasch (ca ein Jahr nach der Trennung) wieder eine neue feste Partnerin´, zu der mein Sohn bis heute ein gutes Verhältnis hat. Sie hat ihn von Anfang an in ihr Herz geschlossen – sie kommt selbst auch aus einer Patchworkfamilie. 

 

Ein wesentlicher Schritt war dann das Zusammenziehen mit Stefan, als wir nach drei Jahren Beziehung beschlossen, eine Familie zu gründen. Wir rückten also näher zusammen – Lukas kannte Stefan aber schon von Anbeginn an und war mit ihm vertraut. Er betonte aber immer sehr deutlich, dass Stefan nicht sein Vater sei. Von Anfang an war von Stefans Seite ein JA zu meiner Situation, ein JA zu meinem Kind und Stefan, als auch seine Eltern, nahmen uns wie selbstverständlich in die Familie auf. Das Band stärkte sich durch die Geburt unseres ersten gemeinsamen Kindes Franziska. Lukas sagte damals: „Jetzt sind wir eine richtige Familie!“. Zwei Jahre später kam unser Sohn Lorenz dazu – ein halbes Jahr darauf die erste Halbschwester auf der Seite des Vaters. Diese bekam nach drei Wochen eine Krebsdiagnose und musste mit ihrer Familie fast ein Jahr intensiv betreut werden. In dieser Zeit entstand auch deren zweite Tochter. 

 

Es gab damals – nach einer schwierigen Zeit mit wenig Kontakt und Loyalitätskonflikten seitens des Vaters – eine Wiederannäherung zwischen den beiden Familien. Wir sind auch zusammen in den Urlaub gefahren – ein Experiment, das wir nicht mehr wiederholt haben. Es war ok, aber nicht berauschend. Mit zunehmend Alter aller Kinder nahm auch unser Kontakt ab – Treffen gab und gibt es Anlassbezogen. Wir wissen aber voneinander, dass wir notfalls für einander da sind. Was uns immer wieder gelingt ist die Freude über unseren Sohn in einem losen Kontakt zu teilen zu teilen. 

 

Meine besondere Wertschätzung gilt den Stiefeltern auf beiden Seiten. Dieses bedingungslose JA zum Kind vom Partner ist ein Zeichen von großer Reife und erfüllt mich bis heute mit Ehrfurcht (ja, diese Wort kommt mir in den Sinn), Größe und Reife. 

 

Die Kinder sind Lukas, 23, Franziska 16,5 und Lorenz fast 14.

Die „andere“ Familie besteht aus Robert, 50, Ingrid, 42, Mara, 13, und Valentina, 12.

 

Warum gibt es heutzutage so viele Patchworkfamilien?

 

Weil heute niemand mehr zusammenbleiben muss. Weil das persönliche „Glück“ über den Wert der Familie gestellt wird – was ich grundsätzlich begrüße, da das Klima der Familie von den beiden Paarteilnehmern erzeugt wird. Schade ist es, dass es wenigen Menschen gelingt, diese Selbstverantwortung innerhalb einer Paarbeziehung zu übernehmen und so miteinander und aneinander zu wachsen, Konflikte konstruktiv zu lösen. Damit will ich keinesfalls sagen, dass Paare um jeden Preis zusammenbleiben müssen. Oft wird aber eine Trennung „nur“ als Erleichterung gesehen – und es findet kein Erkenntnisprozess oder Wachstum statt. Das finde ich dann wirklich schade. Jedes Paar kommt früher oder später in die Krise – Beziehung ist eine Menschen-Wachstumsmaschine, so der amerikanische Paar- und Sexualtherapeut David Schnarch. 

 

Beziehung ist eine Menschen-Wachstumsmaschine

Trennen wir uns heute leichter als früher? Und gründen wir auch schneller neuen Familien – neues Glück auf Knopfdruck kann das gut gehen? Glauben Sie, dass der Entschluss, es als Patchwork-Familie zu versuchen, mitunter zu leichtfertig getroffen wird?

 

Oh ja! Vorallem weil Frauen das heute können! Viele Frauen stehen beruflich/finanziell auf eigenen Beinen und sind unabhängig, können sich ein Leben alleine leisten. Die Sehnsucht nach einer gelingenden Partnerschaft und Familie bleibt aber. Und dann probieren wir es noch einmal. Oftmals kommt es ja zur Trennung (so wie in meinem ersten Fall), weil es schon jemanden anderen gibt. Ich erlebe es selten, dass ein Paar auseinander geht, wenn es nicht für eine/n eine neue Perspektive, einen neuen Partner gibt. Menschen trennen sich aber auch, wenn die Beziehung, das Paarklima krank macht, wenn die Beziehung toxisch wird. 

 

Für eine Paarbeziehung braucht es zwei Menschen – für eine Trennung nur einen. Und einer oder eine bleibt dann verletzt zurück – und wenn Kinder da sind, hast du ja unweigerlich in der Zukunft eine Patchwork-Situation. Stefan war „nur“ verheiratet, brachte keine eigenen Kinder mit. Das hat die Situation bestimmt vereinfacht! 

Leichtfertig ist für mich das falsche Wort. Ich glaube, wir sind da von einer Sehnsucht angetrieben. Der Sehnsucht nach Familie – und in diese Sehsucht projizieren wir unheimlich viel hinein: unsere eigenen familiären Defizite, den Wunsch, es besser zu machen, Geborgenheit, Harmonie, Glück – die „Nutella“-Familie, wie wir sie aus der Werbung kennen. Dieses Idealbild scheitert an der Realität.

 

Es gibt diese Sehnsucht und Fantasie, dass ich das mit dem neuen Partner, mit der neuen Partnerin schaffe, weil diese Beziehung so fantastisch ist. Wenn dann aber von beiden Seiten Kinder dazukommen, dann wehren sich diese, diese elterlichen Projektionen zu erfüllen. Zu recht, meine ich! Es ist schon anmaßend und egoistisch zu verlangen, dass sich wildfremde Kinder mögen sollen und sich sogar den Wohnraum teilen sollen. Da muss mit Bedacht herangegangen werden. 

 

Was heißt gemeinsames Elternsein nach einer Trennung? Was braucht es, damit es gelingt?

 

Die Eltern müssen ihre ungelösten Paarkonflikte zur Ruhe kommen lassen und dann ruhen lassen können. Es wäre gut, wenn sich jede/r nach der Trennung auf einen (begleiteten)  Aufarbeitungsprozess einlassen könnten. Damit ein Verstehen stattfinden kann, ein Beratwortung-Übernehmen für die eigene Ko-Konstruktion der alten Beziehung – anstatt durch Vorwürfen und Streit weiterhin ungut verbunden zu bleiben. Das ist dann keine Trennung! 

 

Getrennte Eltern haben die Pflicht, sich zu benehmen, ihr Bestes zu geben und ihre Befindlichkeiten hinten an zu stellen. Das ist sehr, sehr schwer, wenn die emotionalen Wellen hoch sind. Das ist ein Prozess: Vom Tsunami zum Plätschern.

 

 

Aus einem Familiensystem werden zwei neue Systeme. Zwischen diesen Systemen muss Friedenszone sein, damit die Kinder unbeschadet von einem zum anderen wechseln können und nicht über ein Minenfeld laufen müssen. Die Verantwortung dafür bleibt für BEIDE Elternteile erhalten!

 

Gemeinsam Elternsein gibt es nicht mehr. Das ist auch der Preis der Trennung. Jede/r ist Elternteil in seinem/ihrem System. Das geht den anderen auch nichts mehr an – ausser wenn es offensichtlich wird, dass im anderen System am Kind Schaden angerichtet wird. Dann muss gehandelt und mitunter auch gekämpft werden. Auch wenn es aussichtslos erscheint . Das sind dann die Fälle, diese unendlichen Geschichten, die dann vor Gericht ausgefochten werden, an denen Anwälte und Familientherapeuten und Psychologen verdienen. Das ist entwürdigen, unreif, kindisch – und geht auf Kosten aller Beteiligten. Vorallem auf Kosten der Kinder! Ich mag Diagnosen nicht – der Einfachheit halber schreibe ich, es sind „narzisstische“ Mütter, „soziopathische „Väter die einfach nur Recht haben wollen und ihr Ding durchziehen wollen. Oder Menschen, die sich rächen wollen. Wenn in diesem Zusammenhang dann das Wort „Kindeswohl“ fällt, möchte ich kotzen!

Und welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit ein Patchwork-Versuch gelingen kann?

Reife von allen Seiten. Bereitschaft, zu hören, zu sprechen. Raum für Konflikte geben. Lösungen suchen und finden. Die eignen Projektionen und Visionen mal hinten anstellen und schauen, was gut passen kann. Nicht mit dem eigene unreflektierten Verhalten auf die Kinder losgehen! Flexibilität und den Willen, aus seinem Besten zu handeln, sein Bastes zu geben – auch wenn es schwierig ist! Auch hier gebe ich zu bedenken, dass wir als Eltern die Vorbildrolle nicht unterschätzen dürfen. Von uns lernen Kinder, wie es geht, sich erwachsen und reif zu verhalten. Vorallem im Konflikt!!! 

 

Gerade an den Feiertagen wird es stressig und oft bleibt an den Frauen sehr viel Arbeit hängen. Welche Tipps und Strategien für (verhältnismässig) friedliche Feiertage können Sie nennen?

 

Ich hinterfrage das, ob Arbeit an den Frauen hängenbleibt, oder ob sich Frauen die Arbeit nicht einfach selbst umhängen, weil sie glauben, das muss jetzt so sein. Struktur und Rigidität gibt auch Sicherheit. Ein geputztes Haus an Weihnachten, das perfekte Abendessen, tolle Geschenke, die alle glücklich machen und vielleicht noch sexy Unterwäsche, damit der Mann auch nach der Bescherung noch was zum Auspacken hat. Dieses „ich mache es mal allen andern recht – und dann bin ich auch glücklich“ endet für die meisten Frauen noch vor dem Bindestrich. Weil nachdem ich es allen recht gemacht habe, ist der Tag vorbei und ich bin nur mehr müde und erschöpft. Am Ende beklagen sich Frauen dann, dass sie zu wenig Unterstützung haben. Der innere Monolog der Männer könnte lauten: „Soll ich diesen Wahnsinn auch noch fördern? Soll ich etwas, was aus meiner Sicht nicht notwendig ist, unterstützen? Außerdem habe ich es ja bequem (wenn nicht gerade dem Staubsauger im Weg bin). Das einzig Lästige ist, dass meine Frau so gestresst ist!“

 

Über kurz oder lang entsteht so eine Beziehung, in der eine die Kontrolle hat – aber auch für alle anderen denkt und die ganze Arbeit hat. Der andere kann sein Gehirn im Büro lassen und ist zu Hause nur Deko – kommt aber in seinem Privatleben als Mitgestalter nicht mehr vor. Desaster vorprogrammiert!

 

Welche Themen und oder Situationen sollten gerade zur Weihnachtszeit tunlichst vermieden werden?

 

Ich halte nichts von Vermeidung! Ich finde Weihnachten eine gute Zeit, in der Familiendynamiken, Verpflichtungen sichtbar und spürbar werden, in der Risse in der so mühsam aufrecht erhaltenen Fassade sichtbar werden. Ich würde da nicht kitten wollen, sondern lieber aufbrechen. Ich beginne im August mit meinen Klienten und Klientinnen über Weihnachten zu sprechen – das Thema wird dabei nicht von mir aufgebracht! Meine Frage ist dann: „Wie willst DU Weihnachten heuer verbringen?“ Und dann sprechen wir darüber, wie schwer es ist, nahestehende Menschen zu enttäuschen, zu sich selbst JA zusagen und damit unweigerlich sein Gegenüber ein NEIN zuzumuten. Das nenne ich aber Beziehung: Ein Miteinander, in dem ich mich selbst ernst nehme und auch mein erwachsenes Gegenüber, das mit dem Prozess der Frustrationstoleranz seit Kindertagen vertraut sein sollte. 

 

Ich halte nichts von Vermeidung.

 

Das Zusammenleben muss auf die Grundbedürfnisse der Kinder ausgerichtet sein, sagt man. Wie lauten diese? Wie kann man es den Kindern so leicht wie möglich machen?

 

Das ist wohl wahr in der Bindungsphase, ca. in den ersten 18 Monaten also. Was Kinder in dieser Zeit brauchen sind Erwachsene, die eine „äußere Gebärmutter“ zur Verfügung stellen, in der die Säuglinge 24/7 feinfühlig versorgt werden. In der die Grundbedürfnisse nach Sicherheit, Kontakt, Exploration, Autonomie, Anregung, Hunger/Durst, menschliche Nähe und Kontakt, Kleidung und Wohnraum, Schlaf, Pflege abgestimmt auf das Baby unmittelbar erfühlt und erfüllt werden. Dann kann sich ein Kind sicher binden – DIE gute Voraussetzung für das weitere Leben, die Basis sozusagen. 

 

Und die eigenen? Wo setzt man Grenzen, wie verhält man sich zb wenn der „neue Sohn“ aggressiv wird oder die „neue Tochter“ bockt und sich unfair verhält?

 

Wenn ein Baby zum Kleinkind wird und sich aus der „äußeren Gebärmutter“ in den Familienraum bewegt, selbständiger wird (Selbständigkeitspahse – früher: Trotzphase), dann haben die Bedürfnisse der Eltern wieder mehr Raum. Sofern diese sich den Raum auch nehmen und nicht vor lauter Kind darauf vergessen! 

 

Wenn die Stiefkinder sich so oder so verhalten, dann braucht es altersgemäße Begleitung. Das ist noch kein Erziehungsauftrag! Die Verantwortung für die Qualität der Beziehung zwischen Erwachsenen und Kind liegt immer beim Erwachsenen, egal ob leiblicher Elternteil oder Stiefeltelternteil. Da gilt es dann, auf die eigenen Grenzen zu achten, das Paargespräch zu suchen, Hilfe zu suchen, wenn man das Gefühl hat, nicht mehr weiter zu kommen. 

 

Die Menschen, die sich in Patchwork-Familien miteinander arrangieren, haben Enttäuschungen, Verunsicherungen, Verletzungen hinter sich. Wie sehen Sie die Gefahr, dem zu wenig – oder auch zu viel – Gewicht zu geben?

 

All das ist primär die Angelegenheit jedes/r einzelnen. Verantwortung für mein eigenes Wohlergehen, für meinen biographischen Rucksack, für meine Vergangenheit, für meine Fehler zu übernehmen. Problemewälzen kann auch Teil der Paarbeziehung sein – irgendwann ist dann aber auch genug, dann wenn es nur mehr ein Jammern ist und wenn Erkenntnisse nicht in Handlungen umgesetzt werden. Für viele Menschen ist leiden leichter als lösen und loslassen! 

 

Wie kann man es schaffen, diesem externen Elternteil den richtigen Platz und das richtige Verhältnis zur Patchwork-Familie zu geben? Vorallem wenn die Trennung oder der Mensch an sich schwierig ist/war?

 

Diesen Platz sollte sich im Idealfall jeder einzelne nehmen. Ich bin fest davon überzeugt, dass man (und ich bin mit diesem Wort sehr sparsam) nur ein System pflegen kann und zwar das, in dem man lebt. Wenn Expartner oder Eltern oder (Ex)Schwiegereltern ihre Befindlichkeiten anmelden, dann haben diese immer Nachrang. Die jetzige Familie geht vor – vorallem wenn es kleine (gemeinsame) Kinder gibt. 

 

Stichwort: Liebe heilt alles. Patchworking wird oft sehr romantisiert dargestellt, alle happy unter einem Dach. Über Schwächen traut sich fast keiner reden. Sie vielleicht? 
Stimmt es dass es mitunter stressig ist? Wie gehen Sie damit um? Über was streitet man bei sich bei Ihnen zuhause am ehesten? Und wie gehen sie mit diesen Konflikten um?

 

Patchwork ist alles andere als romantisch! Die Vorstellung schon! „Jetzt habe ich den richtigen Partner/Partnerin gefunden! Mit der/dem werde ich jetzt DIE Familie haben, die ich mir immer schon gewünscht habe!“ Da gilt es anzuerkennen, dass DIE Kernfamilie schon auseinander gerissen wurde (Patchwork besteht neunmal aus einzelnen Flicken). Patchwork hat nochmal andere Dynamiken und Gesetze eben weil neue Rollen, die der Stiefelternschaft, dazu kommen. Ich verwende hier bewusst das Wort Stiefeltern und nicht das beschönigende Wort des Bonusvaters oder der Bonusmutter. Ob der oder die ein wirklicher Bonus ist, wird sich erst über die Jahre hinweg zeigen. Ein gesundes Kind bleibt skeptisch und seinen Eltern loyal.

 

Was gleich bleibt ist die Verantwortung für das Klima im Paarraum, das wiederum das Klima in der Familie bestimmt, im Familienraum, in dem sich alle Kinder (deine, meine, unsre) aufhalten. 

 

Was sich viele nicht aussprechen trauen ist, dass es da diese Sehnsucht nach Familie ohne Patchwork gibt. Also nur „wir“, die wir alle miteinander blutsverwandt sind. Ich darf hier sagen, dass das eine legitime Sehnsucht ist, dass man sich das wünschen darf und auch genießen darf, wenn es dazu kommt, wenn zB die „mitgebrachten Kinder“ ausziehen und nur mehr die gemeinsamen – wenn vielleicht auch nur für kurze Zeit – noch bleiben.

 

Was kann das familiäre Umfeld, vielleicht sogar die Gesellschaft tun, um Patchwork-Familien zu unterstützen?

 

Jede Familie braucht Unterstützung. Die Familien, sprich die Großeltern mögen bitte auch gut für sich sorgen und weder ungefragt helfen noch uneingeladen ihre Meinungen kundtun. Es braucht von dieser Seite her nicht einmal Verständnis, sondern einfach nur Wohlwollen. Wenn tatkräftig unterstützt werden kann, ohne Gegenleitung zu verlangen, ist das großartig! Auch finanzielle Unterstützung tut gut! Das würde ich mir von „der Gesellschaft“ wünschen, dass Familien sich das Dorf, dass es braucht, um Kinder groß zu bekommen, zukaufen kann!

 

Auch die Überforderung der klassichen Kleinfamilie sei in den vergangenen Jahren gestiegen, meinen Experten. Wie sehen Sie das?

 

Ja, definitiv! Es hat sich nicht nur die Rolle der Frau geändert und Frauen sind „richtige Menschen“, Subjekte. Es hat sich seit Mitte der 90er Jahre auch das Verständnis für Kinder geändert. Die sind jetzt auch richtige Menschen. Damit einhergehend mussten sich alle neu definieren, Frauen und Männer, Mütter und Väter. Väter sind heute auch Teil der Familie – das ist auch erst seit Kurzem ein Selbstverständnis! Deswegen straucheln Familien so, weil das eigene Selbst-Verständnis, die Paarbeziehung und die Art, wie wir Familie leben wollen neu und individuell gestaltet werden muss. Das erfordert Zeit – eine Ressource, von der wir sehr wenig zu haben glauben. Wir sind alle eingeladen, unser Leben, unser Zusammenleben zu überdenken damit es uns gelingt, die zu sein, die wir sein wollen. Eine meiner wichtigsten Fragen in meiner Arbeit: „Wie willst du jetzt sein?“

 

Wie willst du jetzt sein?

 

Welche Frage hören Sie in Ihrem Beruf am häufigsten im Bezug auf das Thema?

 

Die häufigsten Probleme sind die unaufgelösten Konflikte mit den Ex-Partnern, die energieraubend in das aktuelle System (auch in Form von darauf zB mit Aggression reagierenden Kindern) hineinwirken und zusätzlich Stress bringen. Wenn wir gestresst sind, ist es oft schwer, bei uns selbst zu bleiben, dann sind wir ausser uns. Das ist kein guter Ort für rationales Handeln. 

 

Viele Väter leiden sehr unter dem Verlust der Zeit mit den eignen Kindern und versuchen, doch noch irgendwie mehr Kontakt zu haben – auch mit der Ex-Partnerin. Das wiederum führt zu Konflikten im neuen System. Ein Teufelskreis! Deswegen bin ich für klare Abgrenzung, einen klarenBetreuungsschlüssel und dafür, für eine getroffen Entscheidung den Preis zu bezahlen. You cannot eat the cake and have it. 

 

Welchen Tipp haben Sie schon am öftesten gegeben?

 

Du sollst nur ein System pflegen!

 

Und summa summarum: hast die Patchworkfamilie eine Chance und wenn ja- wie 🙂

 

Wenn alle Erwachsenen sich auch erwachsen verhalten, Verantwortung für sich selbst übernehmen, an sich auch „arbeiten“, Altes aufarbeiten und klären, Muster durchbrechen, die sich als nicht hilfreich erweisen. Wenn die Erwachsenen bereit sind, sich auf dieses Abenteuer wie Forscher einzulassen – ohne Konzept dafür mit viel Offenheit für all diese Menschen und Neugier, was das Leben in all seinen Facetten zu bieten hat. Und bitte: Verabschiedet euch von Idealvorstellungen sondern geht mit dem um, was sich gerade vor euren Augen, im Hier und Jetzt tut! 

 

Die Fragen hat mir Janina Lebisczcak von MAXIMA gestellt. Der Artikel wurde in gekürzter Fassung im Dezember 2018 veröffentlicht. 

 

In der Zwischenzeit lebe ich von Stefan getrennt, bin wieder Alleinerzieherin unseren jüngsten Sohnes und gebe mein Bestes, das zu leben, was ich coache und schreibe. 

 

Sollten Fragen in dir entstehen, dann schreibe mir: frage@wertschaetzungszone.at


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